
Latin-Jazz Sinfónica
Es war die Begeisterung für die drei Genres Latin, Jazz und Sinfonie, die die Orchesterleiterin Julia H. M. Diederich dazu veranlasste, dieses Großorchester zu gründen und ihm den Namen Latin-Jazz Sinfónica zu geben. Ihr Ziel war und ist, die Instrumente des Orchesters mit denen der Jazzmusiker so zu verbinden, dass ein neuer und moderner Sound entsteht.
Latin-Jazz Sinfónica: New Sound of Orchestra
Latin-Jazz Sinfónica bedient daher weder das Clichè vom traditionellen Latin-Jazz, noch werden die klassischen Musiker zur Deko der Jazzmusiker. Bei der Sinfonie „Carissimo“, einem Klavierkonzert, das man ohne Weitere sofort in einen Hollywoodfilm platzieren könnte, wird dem Orchester sogar die Hauptrolle gegeben. Es ist ein gänzlich neues Konzept, mit dem Latin-Jazz Sinfónica aufwartet und einmal mehr zeigt, wie wunderbar, neu und farbenreich Musik für solche eine Besetzung geschrieben werden kann. Die Rezeptur dafür liefern Christoph König und Julia H. M. Diederich. König, Jazzgeiger, Arrangeur und Komponist, bewegt sich bereits seit Jahren im Crossoverbereich zwischen Balkan-Jazz und Orchester und weiß aufgrund seiner Ausbildung und aus der Zeit als Orchestermusiker genau, welche Möglichkeiten einem Arrangeur bieten und wie mit den einzelnen Stimmen respektvoll umzugehen. Seine Erfahrung und sein Wissen über Jazz und Klassik verbinden sich mit dem der Orchesterleiterin, Perkussionistin und Komponistin Diederich. Vom klassischen Klavier herkommend, studierte sie World Music am Conservatorium Rotterdam, tauchte in die Welt der kubanischen Rhythmen und Jazz ein und spielte als Schlagzeugerin und Perkussionistin unzählige Auftritte und Tourneen mit verschiedenen Bands. Die heimliche Liebe zu klassischen Klavier- und Violinkonzerten im Filmmusikformat, ließ sie dennoch nie los. Trotz, oder gerade weil sie aufgrund verschiedener gesundheitlicher Probleme das Spielen weitgehend aufgeben musste, wurde der Wunsch immer größer, Musik schreiben zu wollen, in der die drei Genres Latin, Jazz und Orchester zusammen eine Einheit bilden und somit etwas Neues entstehen zu lassen.
Aus diesem Herzenswunsch heraus entstand Latin-Jazz Sinfónica und auch das Debütalbum „Kaleidoskop“, welches im Jahr 2022 in den Bauer-Studios in Ludwigsburg aufgenommen wurde. Unter den 18 Jazz- und Latin-Musikern und 39 Orchestermusikern finden sich aber nicht nur bekannte Jazzgrößen wie Kristjan Randalu am Klavier, Wim de Vries an den Drums und Uli Röser an der Posaune, sondern auch die Musiker des GermanPops Orchestra um den Konzertmeister Uli Zimmer, welches bereits mit anderen bekannten Jazz‑, Rock- und Popmusikern spielte. Die Musik von Latin-Jazz Sinfónica war aber auch für das erfahrene Orchester neu und besonders, wie Uli Zimmer betont. Und so findet sich auf diesem Album tatsächlich ein Kaleidoskop an musikalischen Farben und Formen, das beeindruckt, begeistert, bewegt und ergreift. Den Kompositionen liegen persönliche Geschichte zugrunde, welche bewegend im Booklet beschrieben werden. Die Stücke erzählen aus dem Leben mit all seinen Facetten und Emotionen und wirken daher wie aus der Tiefe kommend. Zu keinem Zeitpunkt wirken die Titel verkopft, kompliziert oder anstrengend, wobei die Gliederung der einzelnen Instrumente und die Art, wie sie ineinandergreifen, äußerst anspruchsvoll ist. Diederich war es aber auch wichtig, dass neben einem klassischen Klavierkonzert und Stücken, bei denen alle Musiker spielen, auch der pure Jazzklang seinen Platz findet. Es ist das Stück „Fiumicino“ von Christoph König. Eine 7/4‑Ballade mit Klavier, Kontrabass, Drums und Altsaxofon. Diese „orchestrale Pause“ wirkt daher wie ein Ruhepol zwischen den restlichen und stellenweise sehr filmischen Passagen, die sehr harmonisch in verschiedenen Stücken auftauchen und den Zuhörer noch stärker in die Musik ziehen.
Die Secret Story, ein Stück, das mit einem Afro-Cuban 6/8 beginnt, spiegelt das, was sich Diederich immer vorstellte, am besten wider. Der kubanische Rhythmus, welcher mit Hingabe das Gitarrenspiel von Gitarrist Heiko begleitet, der Abbruch, dem eine kleine Viola-Sinfonie folgt, um dann in einen angedeuteten Mambo-Rhythmus zu wechseln, über dem ein Synthie-Gitarren-Solo schwebt. Nach diesem Solo erfolgt ein weiterer Abbruch und gleicht nur harmonisch der vorigen Viola-Sinfonie. Wie aus einem Nebel tauchen nun plötzlich mehrere hintereinander gespielte Snare-Drums auf, die an einen Marsch erinnern, um sich alsbald wieder aufzulösen, um in einen Bläser-Chorus überzugehen. Beendet wird dieses episch klingende Werk mit der Viola-Sinfonie. Neben diesen und anderen filmisch wirkenden Stücken hält dieses Album aber auch Swing-Titel bereit: „Lupus“ und „L’eredità“.
Latin-Jazz Sinfónica ist der beste Beweis dafür, dass es sich immer lohnt, genauer hinzusehen, was sich hinter einem Namen verbirgt.